Schritt 2: Individualisierung

Passe dein Portfolio auf deine Bedürfnisse an

Wieviel Komplexität verträgt dein Portfolio?

Im zweiten Schritt der Individualisierung kannst du deine persönlichen Vorlieben und Wünsche voll entfalten, denn du bestimmst die Komplexität deines Portfolios. Natürlich geht es uns und dir darum die bestmögliche Strategie zu wählen und die entsprechend der Risikobereitschaft maximale Rendite zu erzielen. Trotzdem ist jede Strategie immer nur so gut, wie du sie auch durchhältst. Bist du jemand der viel Kontrolle haben möchte wird dir ein Portfolio aus nur einem ETF nicht gerecht und umgekehrt. Deshalb bringst du in diesem Schritt deine persönliche Note mit ein, denn es gibt nicht das eine perfekte Portfolio für Jedermann.

1. Deine Grundlage

Der Schritt der Individualisierung bestimmt maßgeblich die Komplexität deines Portfolios. Bei der Asset Allocation in Schritt 1 ging es darum möglichst objektiv festzulegen, wie risikoreich dein Portfolio sein darf (“Was hältst du aus”) und in welche Anlageklassen du dein Geld investieren möchtest. Bei der Individualisierung legst du relativ frei die Komplexität fest, mit der du in die verschiedenen Anlageklassen investierst.

Bevor du mit der Individualisierung anfängst solltest du den ersten Schritt der Asset Allocation abgeschlossen haben. Das bedeutet du solltest:

  • Dein Rendite-Risiko-Profil festgelegt haben
  • Die Anlageklassen ausgewählt haben, in die du investieren möchtest

Falls du diese Punkte noch nicht vollständig für dich geklärt hast, schau nochmal in unserem ausführlichen Artikel zur Asset Allocation vorbei. Fahre erst mit Schritt 2 fort, wenn dir die Ergebnisse aus Schritt 1 auf einem Blatt Papier festgehalten halst. Also: Nimm einen Stift und Papier, notiere dir deine Asset Allocation und kehre erst dann zu diesem Artikel zurück.

2. Die Komplexität der Anlageklassen

Den zweiten Schritt der Individualisierung wollen wir dir anhand eines Beispiels möglichst verständlich erklären. Dafür treffen wir folgende Annahmen:

  1. Du möchtest 80 % risikoreich und 20 % risikoarm investieren
  2. Der risikoreiche Anteil besteht aus 60 % Aktien, 20 % Immobilien und 20 % Rohstoffen
  3. Dein risikoarmer Teil setzt sich aus 10 % Barvermögen und 10 % Staatsanleihen zusammen

Bildlich sieht das Ganze dann wie folgt aus:

Asset Allocation Aufteilung in einen riskoarmen und risikoreichen Teil mit Aktien Staatsanleihen Rohstoffen und Immobilien
Abbildung 1: Beispielhafte Asset Allocation. Bar = Barvermögen, SA = Staatsanleihen

Jede der gewählten Anlageklasse bietet jedoch mehrere Möglichkeiten um in sie zu investieren. Damit du für dich entscheiden kannst, wie du jede der Klassen nach deinen Bedürfnissen abdecken kannst, zeigen wir dir die für uns wichtigsten Möglichkeiten um in Aktien, Immobilien, Rohstoffe und Staatsanleihen zu investieren.

2.1 Aktien

Aktien sind in aller Munde und stellen wohl die zentrale Anlageklasse in den meisten Portfolios dar. Prinzipiell gibt es nahezu unzählige Möglichkeiten mit ETFs in Aktien zu investieren. Die folgenden 3 Varianten werden oft genannt und bieten nach unserer Meinung ein ausgewogenes Verhältnis von Komplexität und Ertrag.

  1. Ein ETF, der den weltweiten Markt abdeckt
    In der einfachsten Variante wählst du einen ETF aus, der Aktien-Unternehmen aus der ganzen Welt abdeckt. Mit weit über 2000 Unternehmen und einer Abdeckung von rund 85 % der weltgrößten Unternehmen nach Marktkapitalisierung kommt auch die Diversifikation nicht zu kurz. Dahinter verbergen sich Begriffe wie All Country World (ACWI) oder FTSE All-World. Suchst du nach einer möglichst einfachen Möglichkeit in Aktien zu investieren und möchtest möglichst wenig Arbeit haben, ist dies die richtige Wahl für dich.
  2. Zwei ETFs, die Industrie- und Entwicklungsländer getrennt abdecken
    Dies ist wahrscheinlich die geläufigste Art, den globalen Aktienmarkt im Portfolio zu berücksichtigen. Durch die Aufteilung auf zwei separate ETFs kannst du die Gewichtung von Industriestaaten zu Schwellenländern (“Emerging Markets”) selber festlegen und bist nicht an die gegebene Aufteilung bei nur einem ETF gebunden. Schwellenländer tragen über 30% zum weltweiten Bruttoinlandsprodukts bei. Die Marktkapitalisierung ihrer Unternehmen ist jedoch eher gering weshalb sie lediglich rund 12% in einem der oben genannten ETFs (z.B. ACWI) ausmachen. Der Vorteil bei Variante zwei ist, dass du frei wählen kannst. Weit verbreitet ist eine Gewichtung von 80 – 70% Industriestaaten und 20 – 30% Schwellenländer (80-20 bzw. 70-30 Portfolios).
  3. Vier ETFs, die Europa, Nordamerika, Pazifik und Schwellenländer separat abbilden
    Bei dieser Aufteilung hast du noch mehr Kontrolle über die Gewichtung der einzelnen Weltregionen. Ein großer Kritikpunkt an Variante 1 und 2 ist, dass sie zu einem großen Teil in die USA investieren. Mit Variante 3 kannst du selber bestimmen, wie viel Geld du in Unternehmen der einzelnen Weltregionen investieren möchtest.

Merke dir: Je mehr Kontrolle du über dein Portfolio haben willst, desto komplexer wird dieses natürlich auch. Du musst immer besser wissen was du tust (längere Einarbeitung) und du hast auch einen höheren jährlichen Verwaltungsaufwand.

2.2 Immobilien

Die Assetklasse Immobilien besitzt bei den Deutschen traditionell ein hohes Ansehen. Die Investition in die eigenen 4 Wände bzw. in das sogenannte “Betongold” gilt als sicheres und attraktives Investment. Abgesehen von der selbstgebauten bzw. gekauften Immobilie kannst du auch mit deutlich weniger Kapital in die Anlageklasse Immobilien investieren. Besonderes beliebt sind hierbei Immobilien-ETFs und REITs.

  1. Immobilien-ETFs
    Immobilien-ETFs erwerben Anteile von börsengehandelten Immobilienunternehmen und REITs (siehe unten). Sie fassen also mehrere Immobiliengesellschaften in einem Produkt zusammen.
  2. Real-Estate-Investment-Trust
    Real-Estate-Investment-Trust (REITs) sind speziell reglementierte Immobiliengesellschaften. Ein REIT ist also ein einzelnes Unternehmen ähnlich zu anderen Immobilienunternehmen, welches allerdings Steuerbegünstigungen erhält. Dafür sind REITs im Gegenzug auch verpflichtet ≥ 90 % der Gewinne als Dividende auszuschütten.

Bei Immobilienaktien, REITs oder Immobilien-ETFs investierst du also nicht direkt in “Steine”, sondern du erwirbst Anteile von börsengehandelten Immobilienunternehmen. Diese Unternehmen sind in aller Regel bereits in den zuvor behandelten Aktien-ETFs enthalten, aber durch die gezielte Investition kannst du diese Anlageklasse überrepräsentierten. Und zwar genau in dem Maß, wie du es in deiner Asset-Allocation festgelegt hast. Häufig findest du in diesem Bereich Unternehmen/ETFs, die sich vornehmlich auf spezielle Regionen (z.B. USA, Deutschland) oder Märkte (z.B. Wohn- oder Gewerbeimmobilien) fokussieren. Mehr Details zu Immobilieninvestments werden wir dir in einer separaten Artikelserie bereitstellen.

2.3 Rohstoffe

Rohstoffe gelten als Absicherung gegen eine drohende Inflation. Das Edelmetall Gold ist wohl der verbreitetste Rohstoff unter Anlegern. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit in diverse andere Rohstoffe wie Energieressourcen (z.B. Erdöl, Erdgas), Industriemetalle (z.B. Kupfer, Eisen), Agrarrohstoffe (z.B. Weizen, Kaffee) und weitere zu investieren. Um in die Anlageklasse Rohstoffe zu investieren gibt es ETFs und ETCs.

  1. Rohstoff-ETFs
    Mittels Rohstoff-ETFs ist es dir möglich in eine breite Anzahl von Rohstoffen (> 20 verschiedene) zu investieren. Diese Rohfstoff-ETFs bilden (genauso wie Aktien-ETFs einen Aktienindex) dann den entsprechend definierten Rohstoffindex ab. Eine Besonderheit ist, dass Rohstoff-ETFs die eigentlichen Rohstoffe meist nicht physisch besitzen, sondern nur sogenannte Terminkontrakte abschließen. Dabei handelt es sich lediglich um einen Vertrag über eine zugesicherte Lieferung in der Zukunft. Diese Verträge werden vor ihrer Fälligkeit erneuert, sodass der ETF die Rohstoffe nie tatsächlich im Besitz hat.
  2. Rohstoff ETCs
    Wenn du in einzelne Rohstoffe investiere möchtest, dann gibt es sogenannte Rohstoff-ETCs. ETCs sind ETFs sehr ähnlich. Streng genommen sind dies aber keine ETFs, da es sich um Schuldverschreibungen des ETC-Anbieters handelt. Dadurch ist dein Geld bei ETCs deutlich weniger abgesichert als bei ETFs! Die meisten ETCs gibt es für Rohstoffe, bei denen sich eine physische Lagerung lohnt (z.B. Gold). Anstelle von Terminkontrakten wird dann tatsächlich der Rohstoff gekauft und in einem Tresor eingelagert. Doch Vorsicht, dies ist längst nicht bei allen ETCs der Fall. Hier musst du genau hinschauen.

Generell ist das investieren in Rohstoffe etwas komplexer und der Teufel steckt hier im Detail. Aus diesem Grund erwartet dich auch zu dieser Assetklasse zukünftig ein spannender Artikel.

2.4 Staatsanleihen

Staatsanleihen gelten oft als “Stabilitätsanker” im Portfolio, da sie die großen Schwankungen (Volatilität) durch den Aktienanteil reduzieren sollen. Staatsanleihen bzw. Anleihen allgemein können ebenfalls unkompliziert durch ETFs abgebildet werden. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, denn nicht alle (Staats-) Aanleihen sind risikoarm und als “Stabilitätsanker” geeignet. Wichtig ist die Bonität (Kreditwürdigkeit) des Herausgebers sowie die Laufzeit der Anleihe. Eine Verallgemeinerung ist auch hier nicht möglich. Dem Bereich Anleihen werden wir auch eine eigene Artikelserie widmen.

Info: Neben Staatsanleihen gibt es noch Kommunal- und Unternehmensanleihen. Insbesondere letztere können leicht durch ETFs abgebildet werden und werden zum Teil auch als “Stabilitätsanker” eingesetzt, sofern sie eine kurze Laufzeit haben und von Unternehmen mit einer nahezu perfekte Bonität stammen.

2.5 Barvermögen

Zum Barvermögen gibt es nicht viel zu sagen. Als Bestandteil deines risikoarmen Anteils solltest du hier keine Experimente eingehen, weshalb es kaum eine Individualisierungsmöglichkeit gibt. Teile deines unbedingt notwendigen Notgroschens kannst du auf ein Tagesgeldkonto legen, sofern du dort überhaupt noch Zinsen erhältst. Barvermögen, welches über den Notgroschen hinaus geht und nur zur Risikominimierung des Portfolios dient, kannst du auch in Festgeld anlegen.

3. Zusammenfassung

Im zweiten Schritt der Individualisierung kannst du deine Vorstellungen für dein Depot ausleben. Siehst du deine Geldanlage mittels ETFs als komplett passiv an, dann reicht dir je gewählter Anlageklasse aus Schritt 1 ein einziger ETF. So einfach, so simpel. Ist dir dein persönlicher Gestaltungsspielraum bzw. eine Einflussnahme wichtig, dann kannst du gerade im Bereich der Aktien-ETFs die Komplexität selber gut steuern. Achte jedoch immer darauf dein großes Ziel, den Vermögensaufbau, nicht aus den Augen zu verlieren. Dein Gesamtportfolio sollte noch immer überschaubar und leicht verständlich sein. Komplexere Depots heißt nicht mehr Rendite! Achte also immer darauf, dass du es mit der Komplexität nicht übertreibst.

Hier geht es zum nächsten Schritt auf dem Weg zu deinem Portfolio.

Disclaimer

Wir haben den Artikel im besten Wissen und Gewissen geschrieben. Die Informationen sind von uns selbst recherchiert worden und die Berechnungen haben wir selbst durchgeführt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass uns an irgendeiner Stelle ein Fehler unterlaufen ist. Falls du auf einen stößt sind wir dankbar, wenn du uns darüber in Kenntnis setzt. Des Weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass wir keine Steuer- oder Anlagenberater sind. Wir betreiben keine Anlageberatung oder Anlagevermittlung. Erfahre, wer hier eigentlich schreibt.

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