Schritt 5: Kurs halten

Halte dein Gleichgewicht

Mit Rebalancing dein Portfolio auf Kurs Erfolg halten

Die Aktienkurse schießen in die Höhe und brechen einen Rekord nach dem anderen. Von den stark steigenden Kursen im Jahr 2021 profitieren natürlich auch die Aktien-ETFs in deinem Portfolio. Die Kursanstiege freuen dich als Anleger, können aber auch deine Strategie gehörig durcheinanderbringen. Wie du dein Depot wieder ins “Gleichgewicht” bekommst und warum Rebalancing sinnvoll ist, erfährst du in Schritt 5 zum passiven Investor mit ETFs.

1. Deine Grundlage

Du hast dir dein ETF-Portfolio zusammengestellt und besparst dieses seit rund einem Jahr (oder länger). Hast du dabei die Tipps und Hinweise unserer ersten 4 Schritte umgesetzt, dann bist du auf einem sehr guten Weg deine Ziele zu erreichen. Im Verlauf unserer Anleitung haben wir immer wieder betont, dass es sehr sinnvoll ist das Ergebnis der einzelnen Schritte schriftlich festzuhalten. Dies hilft dir ungemein bei der Erstellung und vor allem dem Durchhalten deiner Strategie. Solltest du neu sein, ein bereits existierendes Portfolio haben oder dich nicht mehr genau an deine Zielverteilung erinnern, dann spring nochmal zu Schritt 1 zurück. Ansonsten: Lass uns loslegen!

2. Was ist Rebalancing

Mit Rebalancing sorgst du dafür, dass deine Portfoliozusammensetzung wieder deiner ursprünglichen Strategie entspricht. Das heißt Rebalancing ist nur notwendig, wenn sich durch unterschiedliche Wertentwicklungen deiner Assets Abweichungen in der Gewichtung in deinem Portfolio ergeben haben.

Machen wir ein einfaches Beispiel: Als performanceorientierter Anleger, der sich der Risiken bewusst ist, möchtest du 80 % in Aktien und 20 % in risikoarme Staatsanleihen investieren. Dein monatlicher Sparplan von 100 € teilt sich also in 80 € Aktien-ETF und 20 € Staatsanleihen-ETF auf. Durch die fantastische Performance des Aktien-ETFs in den letzten Monaten könnte dein Portfolio nach 2 Jahren wie folgt aussehen.

Tabelle 1: Fiktives Beispiel für die Wertentwicklung eines Portfolios nach 2 Jahren Sparplanausführung.
EinzahlungenWertZiel-GewichtungIst-Gewichtung
Aktien-ETF1920 €2400 €80 %83 %
Anleihen-ETF480 €495 €20 %17 %

Beim Rebalancing geht es nun darum die aktuelle Ist-Gewichtung der Ziel-Gewichtung deiner Strategie anzupassen.

3. Gründe für das Rebalancing

In Schritt 1 (Asset Allocation) und Schritt 2 (Individualisierung) hast du dein persönliches Rendite-Risiko-Profil festgelegt und entschieden, in welche Assetklassen du zu welchem Anteil investieren möchtest. Weichst du von diesem Profil zu sehr ab kann es beispielsweise sein, dass dein risikoreicher Anteil im Depot zu hoch ist. Die Folge kann eine höhere Volatilität in deinem Portfolio sein als du sie “aushältst”.

Ist deine Ziel-Gewichtung des risikoreichen Aktien-Anteils bei 60 %, die Ist-Gewichtung liegt jedoch bei 75 %, kann es dich in unruhigen Börsenzeiten unter Umständen um den Schlaf bringen. Du hast ja aus einem bestimmten Grund in deiner Strategie die Aufteilung so festgelegt und solltest sie nun auch befolgen.

Rebalancing gilt übrigens nicht nur zwischen unterschiedlichen Anlageklassen, sondern auch innerhalb einer Anlageklasse. Sollen beispielsweise 80 % des Aktien-Anteils im MSCI World und die verbleibenden 20 % im MSCI Emerging Market investiert sein, können sich durch unterschiedliche Wertentwicklungen auch hier Differenzen ergeben. Diese wirken sich zwar geringer (aber nicht gar nicht!) auf das Risikoprofil aus, bewirken aber durch die veränderte Diversifikation eine andere Gewichtung (Länder, Sektoren etc.) als in der ursprünglichen Strategie. Deshalb ist auch hier ein Rebalancing ratsam.

4. Häufig gestellte Fragen rund um Rebalancing

Im Folgenden gehen wir auf häufig gestellte Fragen bezüglich des Rebalancings ein.

4.1 Wie rebalance ich?

Die Mutter aller Fragen zum Rebalancing lautet, wie es durchgeführt wird. Dabei können verschiedene Methoden angewandt werden:

  1. Verkauf von Anteilen und Wiederanlage
    Zur Anpassung verkaufst du Anteile des ETFs, der in deinem Portfolio übergewichtet ist und kaufst von dem freiwerdenden Kapital Anteile des unterrepräsentierten ETFs. Dabei musst du stets die Kosten und auch Steuern im Blick behalten. Für diese Rebalancing-Methode findest du im Netz einige kostenlose Rechner.
  2. Einmalkäufe mit Extrageld
    Zum Ausgleich der Differenzen von Ist- zu Sollwert verwendest du dir zusätzlich zur Verfügung stehendes Geld, z.B. aus einem Bonus, Urlaubs-/Weihnachtsgeld oder “ungenutzte” Ersparnisse. Baue dir aber nicht extra bzw. keine zu hohen Ersparnisse für das Rebalancing auf, weil du überschüssiges Geld am besten immer direkt für dich arbeiten lässt.
  3. Sparplananpassung
    Du kannst auch deine laufenden Sparpläne so anpassen (Erhöhung des Sparplans auf den einen, entsprechende Verminderung bei dem anderen ETF), dass du damit deine Soll-Gewichtung einstellst. Dies ist in der Regel die kostengünstigste Variante. Die Anpassung von Sparplänen ist kostenlos und bei fast allen Brokern praktisch unbegrenzt oft möglich.

4.2 Wann rebalance ich?

Grundsätzlich kannst du das Rebalancen nach einer gewissen Zeit vornehmen oder immer dann, wenn ein bestimmter Schwellenwert überschritten wurde.

  1. Zeitliches Rebalancing
    In einem bestimmten Intervall, z.B. einmal im Jahr um den Jahreswechsel, führst du das Rebalancing durch. Die Vorteile sind die feste Routine und der geringe Arbeitsaufwand. Du musst nur einmal jährlich deine Vermögenswerte zusammentragen, auswerten und ggf. rebalancen.
  2. Schwellenwertabhängiges Rebalancing
    Erst ab einer bestimmten Abweichung von Ist- zu Soll-Wert führst du ein Rebalancing durch, z.B. erst wenn einer deiner Vermögenswerte mehr als 5 % oder mehr als 10 % von deiner Strategie (Soll-Wert) abweicht. Ein möglicher Vorteil kann eine längere Zeit ohne notwendige Angleichungen sein. Es kann aber auch genau umgekehrt zu mehr Rebalancingvorgängen führen, je nach Wertentwicklung und je nachdem wie eng die Grenzen gesetzt wurden. Vorsicht in volatilen Zeiten, hier solltest du nicht bei jeder Marktbewegung umschichten!

Möchtest du möglichst passiv bleiben und so wenig Arbeit wie möglich haben, dann bietet sich das zeitliche Rebalancing an. Hierbei ist es empfehlenswert einmal jährlich zu Rebalancen. Schieb das Rebalancen nicht unnötig auf, da ansonsten du nicht nur von deinem festgelegten Rendite-Risiko-Profil abweichst, sondern die Abweichungen irgendwann zu groß und damit kostspielig werden. Bei einem Gesamtvermögenswert (Depot, Bargeld etc.) von 50.000 € macht eine Abweichung von 3 % bereits ein Rebalancing von rund 1.500 € notwendig. Wenn du das Rebalancing möglichst kostengünstig durch Sparplanerhöhung durchführen möchtest, bringen dich zu hohe Ausgleichssummen an deine Grenzen und ziehen sich über mehrere Monate. Letzteres ist nicht schlimm, fordert aber mehr Arbeit, weil du immer wieder kontrollieren musst ob du deinen Soll-Wert erreicht hast.

Rebalancing im Aktien-Portfolio, Analyse der Kursentwicklung verschiedener Assetklassen
Abbildung 1 : Einmal im Jahr solltest du dir die Zeit nehmen, deine Vermögensentwicklung genau unter die Lupe zu nehmen. Verschaffe dir eine Übersicht über deine verschiedenen Assetklassen und deren Gewichtung. Weicht sie zu stark vom Zielbereich (Soll-Wert) ab, ist ein Rebalancing ratsam.

4.3 Kostet Rebalancen Geld

Die Kurzantwort lautet: Ja, in den meisten Fällen schon. Die Kosten können aber sehr unterschiedlich sein, denn bei einem Teilverkauf und Wiederanlage hast du Transaktionsgebühren (Kauf und Verkauf) sowie Steuerzahlungen, wenn du deinen Sparerpauschbetrag bereits ausschöpfst. Beim Einmalkauf mit Extrageld (siehe für alle Punkte auch 4.2) hast du nur die Kosten für den Einmalkauf deines Brokers. Am günstigsten fährst du in aller Regel, wenn du deinen Sparplan einfach anpasst und darüber das Rebalancing durchführst. Ist dein Sparplan kostenlos oder hat einen Festpreis, ist das Rebalancing komplett kostenfrei für dich.

4.4 Wieso fühlt sich Rebalancing falsch an

Für einige Investoren fühlt sich das Rebalancing irgendwie “unlogisch” an. Ist der MSCI World im vergangenen Jahr deutlich besser gelaufen als der MSCI Emerging Market, dann musst du vom besserlaufenden ETF mehr in den “schlechteren” umschichten. Fühlt sich erstmal falsch an, oder? Ist aber total sinnvoll! Von deinem festgelegten Rendite-Risiko-Profil abzuweichen kann zu einer Übergewichtung des risikoreichen Anteils in deinem Portfolio führen, womit du dich dann im Falle sinkender Kurse wahrscheinlich unwohl fühlst. Außerdem ist der Betrachtungseitraum von einem Jahr viel zu kurz um davon ausgehen zu können, dass z.B. der MSCI World immer besser läuft. Selbst wenn er über mehrere Jahre eine Mehrrendite erzielt kümmert uns dies nicht, weil für dich und uns die Rendite über den gesamten Zeitraum wichtig ist, also in den nächsten 15, 20 oder 30 Jahren. Über kurze Zeiträume kann es auch mal zu leichten Überbewertungen einzelner Bereiche kommen (der Markt ist wohl nicht immer zu 100 % effizient), sodass sich das Umschichten sogar positiv auf deine Rendite auswirken kann.

Das Rebalancing sollte aber auf keinen Fall mit Market Timing verwechselt werden. Die Aussage ist lediglich, dass es zu kurzzeitigen Über- bzw. Unterbwertungen kommen kann, die durch ein regelmäßiges und vorallem regelbasiertes Rebalancing möglicherweise genutzt werden können. Es gibt eine Regression zur Mitte, das heißt, dass kurzzeitig “überhitzte” Märkte auf lange Sicht sich dem langfristigen Durchschnitt annähern. Wurden also kurzfristig hohe Renditen erzielt und viele zukünftige Erwartungen bereits eingepreist, ist die Renditeerwartung in der nachfolgenden Zeit unter dem langfristigen Mittelwert.

Info: Egal ob du der Argumentation zu effizienten Märkten nun folgst oder nicht, in jedem Fall kannst du durch Rebalancing die Schwankung (Volatilität) in deinem Portfolio verringern, was ein wichtiger Baustein in einer erfolgreichen Strategie sein kann.

5. Fazit

Das Rebalancing ist die Kür für dein Portfolio und um diesen Punkt gibt es zum Teil immer wieder hitzige Diskussionen. Wir halten aus den hier genannten Gründen (vor allem der Angleichung an deine Risikotoleranz) das Rebalancing für sinnvoll. Es nimmt nicht viel Zeit in Anspruch und mit den Jahren entwickelst du eine gewisse Routine, sodass es dir leicht von der Hand gehen wird. Führst du die Angleichungen durch Sparplananpassungen durch, ist das ganze sogar kostenfrei möglich. Entscheidest du dich für eine andere Form der Anpassung, z.B. Teilverkäufe, musst du auf jeden Fall die Anzahl der Rebalancing-Vorgänge im Auge behalten, weil es sonst durch die anfallenden Gebühren zu Renditeeinbußen kommen kann.

Und das war’s: Du hast nun alle 5 Schritte zum passiven Investor mit ETFs durchlaufen und bist bestens gerüstet, um deinen Vermögensaufbau in die eigene Hand zu nehmen. Jetzt heißt es nur noch in die Umsetzung und ins “Machen” zu kommen, wenn du nicht schon angefangen hast. Ansonsten musst du “nur noch” Geduld aufbringen sowie hin und wieder starke Nerven zeigen. Die nächste Krise kommt bestimmt, mit unserer Anleitung in den 5 Schritten bist du aber auch aus wissenschaftlicher Sicht stark aufgestellt.

Hast du Fragen, Hinweise, Ideen oder Bedenken, dann kontaktiere uns gerne über unsere Social-Media-Kanäle. Schau auch auf unserem Blog vorbei und kommentiere gerne unter unseren Beiträgen, wir freuen uns auf den Austausch mit dir.

Vielen Dank für dein Vertrauen in uns und bis bald, euer ETF-Labor

Disclaimer

Wir haben den Artikel im besten Wissen und Gewissen geschrieben. Die Informationen sind von uns selbst recherchiert worden und die Berechnungen haben wir selbst durchgeführt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass uns an irgendeiner Stelle ein Fehler unterlaufen ist. Falls du auf einen stößt sind wir dankbar, wenn du uns darüber in Kenntnis setzt. Des Weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass wir keine Steuer- oder Anlagenberater sind. Wir betreiben keine Anlageberatung oder Anlagevermittlung. Erfahre, wer hier eigentlich schreibt.

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