Schon gewusst? #5 Bei einer Insolvenz stehst du als Aktien-/ETF-Besitzer in letzter Reihe

General Motors (2009), die Baumarktkette Praktiker (2013), Air Berlin (2017) oder zuletzt Wirecard (2020): Auch große, börsennotierte Unternehmen kann es in die Insolvenz treiben. Als Aktienbesitzer – ob durch direkte Beteiligung oder indirekt durch ETFs – kann auch dich dieses Schreckensszenario im Portfolio ereilen. Das investierte Kapital ist aber nicht automatisch weg, sondern auch du als Gesellschafter wirst aus der Insolvenzmasse bedient – sofern am Ende noch Geld übrig ist.

Als Aktieninvestor wirst du zum Mitinhaber (Gesellschafter) und besitzt einen kleinen Teil des Unternehmens. Dies gilt für Inhaber von Direktaktien prinzipiell genauso wie für ETF-Investoren. Bei Letzteren „verwahrt“ bzw. verwaltet das Fonds-Management lediglich deine Aktien-Anteile für dich. In beiden Fällen hast du am Erfolg (Kursgewinne, Dividendenausschüttungen) aber natürlich auch am Misserfolg des Konzerns (Kursverluste) teil. Laufen die Geschäfte über einen längeren Zeitraum schlecht, kann es schließlich sogar zu einer Unternehmensinsolvenz kommen.

Info: Als Insolvenz (auch Konkurs) wird die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens bezeichnet. Es ist überschuldet und kann seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Gläubiger nicht mehr erfüllen. Kommt es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zur Unternehmensauflösung, wird das gesamte Firmenvermögen liquidiert („zu Geld gemacht“), indem z.B. Maschinen verkauft werden. Der Erlös wird dann zur Begleichung von Forderungen verteilt.

Der Aktienkurs rauscht spätestens nach der Meldung über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in den Keller und vernichtet viel Investorenkapital, allerdings können Kapitalanleger noch Geld aus der Insolvenzmasse erhalten. Eine Übersicht über die Prioritätenliste zur Begleichung der noch offenen Forderungen findest du nachfolgend:

  1. Gläubiger mit besicherten Ansprüchen haben sich in ihren Verträgen Ansprüche auf bestimmte Vermögenswerte oder Sicherheiten, wie z. B. Immobilien, geschützt. Hierzu zählen häufig Banken, da sie in ihren Kreditverträgen bestimmte Sicherheiten beanspruchen. Besicherte Ansprüche haben in der Regel auch Lieferanten, deren Ware zwar schon geliefert wurde, die aber der offizielle Eigentümer bleiben, bis die Ware vollständig bezahlt ist.
  2. Verfahrens- und Insolvenzkosten werden als zweites bezahlt.
  3. Erstrangige Gläubiger, wie beispielsweise die Inhaber einer Anleihe oder eines unbesicherten Kredites, werden als drittes bedient.
  4. Die Forderungen nachrangiger Gläubiger werden im Anschluss daran ausbezahlt. Kredit- oder Anleiheverträge können z.B. nachrangige Ansprüche enthalten, müssen in Verträgen aber explizit so bezeichnet werden. Andernfalls enthalten die Verträge immer erstrangige Forderungen.
  5. Gesellschafter (u.a. Aktieninhaber) werden als letztes aus der Insolvenzmasse bedient.

Als Aktieninhaber wirst du also an allerletzter Stelle aus der Insolvenzmasse bedient. Dies ist auch fair, denn du hast vorher (im Idealfall) auch an den gut laufenden Geschäften als Mitinhaber der Firma mitverdient. Bei Lieferanten oder Anleihebesitzern ist dies nicht der Fall. Ob an diesem Punkt der Prioritätenliste allerdings noch Gelder übrig sind ist fraglich, da das Unternehmen bereits vor Liquidierung seine Schulden nicht mehr begleichen konnte. Die Hoffnungen der Gesellschafter auf Gelder aus der Insolvenzmasse sind in der Regel vergeblich.

Closed-Schild am Eingang eines Geschäfts
Abbildung 1: Laufen die Geschäfte in einem Unternehmen über einen längeren Zeitraum schlecht, kann es zu einem Insolvenzverfahren kommen.

Die Gefahr einer Unternehmensinsolvenz sollte dich aber keinesfalls von Investitionen in den Aktienmarkt abhalten. Es verdeutlicht nur die enorme Wichtigkeit einer ausreichenden Diversifikation. Am einfachsten gelingt dir dies mit einem breit aufgestellten ETF-Portfolio, bei dem wir dich mit all unserer Erfahrung unterstützen. Natürlich sind in einem breit diversifizierten Fonds wie dem MSCI World ETF auch immer mal Unternehmen dabei, die Konkurs gehen. Ein ETF auf diesen Index erzielt aber trotz dieser Firmen langfristig eine Performance von > 7 % pro Jahr . Hast du schon Erfahrungen mit Unternehmensinsolvenzen gemacht?

In unserer Kategorie ‘Schon gewusst’ erfährst du wöchentlich einen hilfreichen Tipp, Trick oder eine Information rund um das Thema Wirtschaft und Finanzen.

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Kommentare (2)

  1. Die Frage ist, was passiert denn steuerlich mit dem Verlust? In meinem Fall steht ein Verlust im Raum, da die Gesellschaft zwar insolvent ist, die Aktie nicht mehr gehandelt wird, aber nach wie vor im Depot steht…..

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    • Hi Mikusch,

      dein Fall ist natürlich besonders gelagert. Bis vor rund 1,5 Jahren galt der Grundsatz die Aktien noch schnell zu verkaufen bevor sie nicht mehr handelbar sind, weil fast alle Finanzämter nur Veräußerungsverluste akzeptieren. Wenn die Aktie nicht mehr handelbar und somit ein Verkauf nicht möglich war, wurde dieser nicht realisierte, aber faktische Verlust nicht anerkannt. Im Dezember 2019 entschied der Bundesfinanzhof jedoch gegen diese Praxis zu Gunsten einer Klägerin (Verfahrensverlauf Az. VIII R 34/16).

      In diesem Fall war also eine Verlustanrechnung auch ohne Verkauf bei einer nicht mehr handelbaren Aktie möglich. Wir haben keinerlei Erfahrungswerte, aber du könntest den im Raum stehenden Verlust in deiner Steuererklärung angeben und entweder direkt oder erst bei Ablehnung durch das Finanzamt auf dieses Urteil verweisen. Bitte bedenke, dass wir jedoch keine Steuerberater oder Juristen sind und keine Handlungsempfehlungen geben.

      Wir hoffen dir damit weiterzuhelfen. Falls du dieses Vorgehen ausprobierst und später nochmal an den Artikel zurückdenkst, lass doch gerne uns und der Community wissen, wie dein Finanzamt darauf reagiert hat.

      Beste Grüße,
      das ETF-Labor

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